Verfassungsschutz weiter außer Rand und Band

Bundesinnenministerium und Innenministerium Baden-Württemberg verhindern die gerichtliche Aufklärung der Überwachung des Heidelberger Lehrers Michel Csaszkoczy

Mitteilung: Prozessgruppe

Michael Csaszkoczy war in den Jahren 2004-2007 wegen seines Engagements in antifaschistischen Gruppen nicht als Lehrer eingestellt worden. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim (VGH) hatte dieses Berufsverbot letztinstanzlich als Grundrechtsverletzung verurteilt. Das Land Baden-Württemberg hatte ihn daraufhin als Lehrer übernommen – zwischenzeitlich auch verbeamtet -, weil „keine Zweifel an seiner Verfassungstreue mehr“ beständen.

Der VGH hatte in seinem Urteil von 2007 in deutlichen Worten auf die „Erkenntnisse“ Bezug genommen, die der Verfassungsschutz über Csaszkoczy gesammelt und der Schulbehörde zur Begründung des Berufsverbots vorgelegt hatte und dabei ausdrücklich nicht nachvollziehen können, dass "die (bloße) Teilnahme an Veranstaltungen und Demonstrationen, die ersichtlich ebenso vom Grundgesetz gedeckt ist wie die freie Meinungsäußerung, überhaupt erwähnt wird".

Angesichts dieses Urteils verlangte Csaszkoczy 2010 Auskunft über seine Daten und anschließende Löschung – die zuständigen Verfassungsschutzbehörden, das Bundesamt und das Landesamt Ba-Wü, sind inzwischen vor Gericht verklagt worden.

Beide übergeordneten Ministerien gaben nun offensichtlich koordiniert eine „Sperrerklärung“ ab, die verhindert, dass, wie eigentlich gesetzlich vorgesehen, die Behördenakten den Gerichten vorgelegt und damit die vom Verfassungsschutz (VS) gesammelten Daten einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich gemacht werden.

Insgesamt handelt es sich um fast 2000 Aktenseiten, auf deren weiterer Speicherung und Geheimhaltung die Inlandsgeheimdienste bestehen und die sie den Gerichten daher nur zum Teil und dann jeweils weitgehend geschwärzt zukommen ließen. Im Fall des Bundesverfassungsschutzes werden von 1300 Aktenseiten gerade einmal 80 unzensiert vorgelegt.

Die Bespitzelungsakten Csaszkoczys werden gleichsam zur „Geheimen Staatssache“ erklärt, deren Veröffentlichung „das Wohl des Bundes und des Landes“ gefährden würde. Aus den verstümmelten Restakten wird aber immerhin deutlich, dass der VS den Lehrer bis heute mit nachrichtendienstlichen Mitteln intensiv überwacht.

Schwerpunkt scheinen dabei nun seine damaligen Aktivitäten gegen das Berufsverbot – Interviews, Artikel, Veranstaltungen (!) – zu sein. Der VS ignoriert mit den Sperrerklärungen auch datenschutzrechtliche Bedenken. In einem Zwischenverfahren hatte Csaszkoczy den Bundesbeauftragten für den Datenschutz eingeschaltet. Sein deutliches Votum vom Dezember 2012: „Aus der mir (vom VS) vorgelegten Abwägung zwischen dem Geheimhaltungsbedürfnis des Verfassungsschutzes und den grundrechtlich abgesicherten Informationsansprüchen (des Betroffenen) konnte ich das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Auskunftsverweigerung nicht erkennen.“

Zur gleichen Zeit, in der der VS Akten von gewalttätigen Nazis schreddert – um die eigenen Verstrickungen zu vertuschen? – bespitzelt er weiter in erschreckendem Ausmaß kritische Linke und schützt vor allem sich selbst vor rechtsstaatlicher Überprüfung.

Quelle:
PM v. 20.11.2013 – Prozessgruppe