„Berufsverbote-Opfer endlich rehabilitieren und entschädigen“

Tagung „45 Jahre ‚Radikalenerlass‘“ der Bildungsgewerkschaft GEW 

Mitteilung: GEW Hauptvorstand

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die Landesregierungen und Landtage gemahnt, die Berufsverbote-Opfer des sog. „Radikalenerlasses“ von 1972 endlich zu rehabilitieren und zu entschädigen. Die Bildungsgewerkschaft verwies auf das positive Beispiel des Landes Niedersachsen. „Es wird Zeit, das Berufsverbotsthema politisch und wissenschaftlich aufzuarbeiten. Politische und juristische Fehlentscheidungen, die im Zuge dieser Arbeiten festgestellt werden, müssen in Vorschlägen für Rehabilitationsmaßnahmen und Entschädigungsleistungen münden. Das ist ein wichtiger und notwendiger Beitrag zur Stärkung der Demokratie und der demokratischen Kultur“, betonte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe am Sonntag nach einer Tagung ihrer Organisation zum Thema „45 Jahre ‚Radikalenerlass‘: Aus der Geschichte lernen – Betroffene rehabilitieren – Zivilcourage stärken – politische Bildung aufwerten!“ in Kassel. Sie erläuterte, dass sich der sog. „Radikalenerlass“ zwar formal gegen Links- und Rechtsextremisten gerichtet habe, in der Praxis aber politisch Aktive des linken Spektrums, darunter viele Lehrerinnen und Lehrer, getroffen habe. Weiterlesen

Radikalenerlass und Berufsverbote – Eine zeithistorische Einordnung – Vortrag

gsf – GEW-Veranstaltung "40 Jahre Radikalenerlass" in Göttingen, 17. März 2012 zum Thema:

"Radikalenerlass und Berufsverbote – Eine zeithistorische Einordnung" von Prof. Wolfgang Wippermann

Der Vortrag von Wolfgang Wippermann dauert etwas über 27 Minuten und bietet eine historische Beschreibung und eine politische Bewertung des Radikalenerlasses.

Originallink:http://www.youtube.com/watch?v=ilKQ1jO-gx8

GEW: „Demokratisches Engagement stärken statt Gesinnungsschnüffelei“

Bildungsgewerkschaft zum 40. Jahrestag des Radikalenerlasses

Mitteilung: GEW Hauptvorstand

Frankfurt a.M. – Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mahnt Politik in Bund, Ländern und Kommunen anlässlich des 40. Jahrestages des Radikalenerlasses am Samstag, demokratisches Engagement zu fördern und die menschenunwürdige Gesinnungsschnüffelei gegen politisch aktive Menschen mit linker Orientierung zu stoppen. "Politik muss aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und demokratisches Denken in einer pluralistischen Gesellschaft zulassen und stärken. Radikalenerlass und Berufsverbote waren ein verhängnisvoller politischer Fehler, der sich nicht wiederholen darf. Er hat das Leben zahlreicher Menschen massiv beeinträchtigt, ihnen Berufs- und Lebenschancen genommen. Der Staat schuldet den Opfern bis heute eine Rehabilitation. Die Demokratie hat erheblichen Schaden genommen", sagte GEW-Vorsitzender Ulrich Thöne am Freitag in Frankfurt a.M.

Mehr als 20 Jahre nach dem Ende des Ost-West-Konflikts laute die Devise der Verfassungsschutzbehörden und vieler Politiker offenbar jedoch immer noch "Der Feind steht links." "Das eklatante Versagen der Sicherheitskräfte im Fall der rechtsextremistischen Zwickauer Terrorzelle fördert einen blinden Fleck gegenüber der Gefahr von rechts zu Tage", unterstrich Thöne. Es sei an Zynismus kaum zu überbieten, dass sich auch jene, die sich im Kampf gegen Rechts engagieren, einem Generalverdacht der Verfassungsuntreue ausgesetzt sähen. Der GEW-Vorsitzende forderte die Bundesregierung auf, die so genannte "Extremismusklausel" unverzüglich zu streichen. Als besorgniserregend bezeichnete Thöne darüber hinaus die Offensive von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) gegen vermeintlichen "Linksextremismus" in den Medien. "Wer ein derartiges politisches Klima fördert, braucht dringend Nachhilfe in Geschichte. Frau Schröder sollte sich mit der erschreckenden Tatsache befassen, dass gut ein Fünftel der jungen Menschen unter 30 Jahren mit dem Begriff Auschwitz nichts anfangen kann."

Info: Durch einen Beschluss des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt (SPD) und der Regierungschefs der Länder vom 28. Januar 1972 ist der Druck auf die politische Linke zu Beginn der 1970er Jahre deutlich verschärft worden. 3,5 (nach anderen Quellen 1,4) Millionen Regelanfragen beim Verfassungsschutz, 11.000 Verfahren wegen Tätigkeitsverbot, 2.200 Disziplinarverfahren, 1.250 (nach anderen Quellen 1.100) Ablehnungen von Bewerberinnen und Bewerbern sowie 265 Entlassungen aus dem öffentlichen Dienst waren die Folge.

Pressemitteilung v. 27.1.2012
Ulf Rödde
GEW-Hauptvorstand
Pressesprecher
Reifenberger Str. 21
60489 Frankfurt
www.gew.de

siehe auch den Aufruf in Auswege: 28. Januar 2012: 40 Jahre Berufsverbot – Betroffene fordern: endlich Aufarbeitung und Rehabilitierung!

28. Januar 2012: 40 Jahre Berufsverbot – Betroffene fordern: endlich Aufarbeitung und Rehabilitierung!

Aufruf

Vor 40 Jahren, am 28. Januar 1972, beschloss die Ministerpräsidentenkonferenz unter dem Vorsitz von Bundeskanzler Willy Brandt den sogenannten „Radikalenerlass“. Zur Abwehr angeblicher Verfassungsfeinde sollten „ Personen, die nicht die Gewähr bieten, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten“, aus dem öffentlichen Dienst ferngehalten bzw. entlassen werden. Mithilfe der „Regelanfrage“ wurden etwa 3,5 Millionen Bewerberinnen
und Bewerber vom „Verfassungsschutz“ auf ihre politische „Zuverlässigkeit“ durchleuchtet.

Im Freistaat Bayern gibt es immer noch die sog. „Regelanfrage“. Alle, die sich für den Öffentlichen Dienst bewerben incl. Lehramtsbewerber bzw. Lehrkräfte, müssen sich dieser Gesinnungsüberprüfung unterziehen. Auf der langen Ministeriums-Liste der „verdächtigten“ Organisationen findet sich auch die VVN / BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten).

Wir veröffentlichen den Aufruf der baden-württemberger Initiative mit Erstunterzeichnern (mit Dank an die GEW-Kollegin Eva Petermann aus Hof für die Übermittlung) und bitten um zahlreiche Weiterleitung des Aufrufs oder des Auswege-Links.

Aufruf lesen