„Länder haben Grundschulen vernachlässigt!“
Bildungsgewerkschaft GEW zum „IQB-Bildungstrend 2016“: mehr Lehrkräfte einstellen, Ausbildungskapazitäten erhöhen, Arbeitsbedingungen verbessern
Mitteilung: GEW Hauptvorstand
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat den Ländern vorgeworfen, dass sie die Grundschulen sträflich vernachlässigt haben. „Die Länder haben sich zu wenig darum gekümmert, dass ausreichend Lehrkräfte ausgebildet werden. Schulleitungsstellen an Grundschulen sind teilweise über Jahre hinaus nicht besetzt worden. Der aktuelle Lehrkräftemangel ist hausgemacht, weil die Länder den Grundschullehrer-Beruf nicht attraktiv gestaltet haben: Sie haben weder für gute Arbeitsbedingungen noch eine gute Bezahlung gesorgt. Jetzt müssen dringend mehr Lehrkräfte eingestellt, die Ausbildungskapazitäten erhöht und die Rahmenbedingungen verbessert werden“, sagte Ilka Hoffmann, GEW-Vorstandsmitglied Schule, mit Blick auf die Bildungstrend-Studie, die das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) heute veröffentlicht hat. Sie reagierte damit auf den Befund der Untersuchung, dass sich die Leistungen der Schülerinnen und Schüler an Grundschulen über alle Bundesländer hinweg verschlechtert haben.
„Die Grundschulen müssen endlich die Aufmerksamkeit erhalten, die ihnen als ‚Schule für alle Kinder‘ zusteht“, betonte Hoffmann. „Wir brauchen nicht mehr Tests, sondern eine bessere personelle Ausstattung, kleinere Lerngruppen, mehr Angebote qualitativ hochwertiger schulinterner Fortbildung sowie eine Steigerung der Attraktivität des Berufs. Und: Die Grundschullehrkräfte müssen endlich genauso bezahlt werden wie die vollausgebildeten Lehrkräfte an den anderen Schularten.“ Die GEW-Expertin machte deutlich, die sich die soziale Situation in den Klassenzimmern in den vergangenen Jahren zugespitzt habe, ohne dass in der Lehrerbildung oder durch die Entwicklung tragfähiger Unterstützungssysteme für die Schulen darauf reagiert wurde.
Der Befund, dass Kinder aus armen Verhältnissen und Zuwanderfamilien weniger Lernfortschritte als ihre Mitschüler aus wohlhabenden Elternhäusern zeigen, sei so alt wie das Bildungsmonitoring. „Offensichtlich ist es bis heute nicht ausreichend gelungen, Sprachförderung in allen Unterrichtsfächern zu implementieren. Es fehlen auch weiterhin Lehrkräfte für Deutsch als Zweitsprache und für die Herkunftssprachen“, unterstrich Hoffmann.
Sie warnte vor der Gefahr, dass sich die Lernergebnisse angesichts des zunehmenden Lehrkräftemangels weiter verschlechtern könnten. Auch die Zahl geflüchteter Kinder in den Schulen werde sich erhöhen. „Auf diese Situation müssen die Schulen vorbereitet werden. Dafür müssen zusätzliche, gut aus- und fortgebildete Lehrkräfte eingestellt werden. Zudem brauchen wir mehr multiprofessionelle Teams, Teams in denen Sozialpädagogen und –arbeiter, Schulpsychologen und Lehrkräfte zusammenarbeiten. Die GEW ist bereit, an der Entwicklung entsprechender Strategien mitzuarbeiten.“
PM v. 13.10.2017
Ulf Rödde
Pressesprecher
GEW-Hauptvorstand
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