Gemeinsame Erklärung Deutscher Kinderschutzbund, Deutsche Liga für das Kind und VAMV: Wechselmodell als gesetzlich zu verankerndes Leitmodell ungeeignet
Die Justizministerkonferenz hat sich für eine Prüfung einer gesetzlichen Regelung des Wechselmodells ausgesprochen – kurz nach der vielbeachteten Entscheidung des BGH, dass das Wechselmodell unter bestimmten Voraussetzungen auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden kann. In einer gemeinsamen Erklärung mahnen der Deutsche Kinderschutzbund (DKSB), die Deutsche Liga für das Kind und der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) an, dass das Wechselmodell nicht zum Regelfall werden dürfe. Vorrang müsse immer das Kindeswohl haben.
Die Verbände weisen darauf hin, dass eine zeitlich annähernd gleichwertige elterliche Betreuung besondere Toleranz und eine belastbare Kommunikationsbasis der Eltern erfordert. Zudem ist das Wechselmodell oft kostenintensiver als das bisher überwiegend gelebte Residenzmodell und stellt an die betroffenen Kinder wegen des Pendelns zwischen Vater und Mutter eine besondere Herausforderung dar.
Prof. Beate Naake, Vorstandsmitglied im Deutschen Kinderschutzbund, erklärt dazu: „Kinder wollen regelmäßig guten Kontakt zu beiden Eltern haben und sollten nicht aus diesem Loyalitätskonflikt einem Lebensmodell zustimmen, das sie nicht überschauen können. Daher muss ihnen klar verdeutlicht werden, was es für sie konkret bedeutet, ein Wechselmodell zu leben. Das Wechselmodell als gesetzlicher Regelfall würde diese Loyalitätskonflikte auf alle von Trennung betroffenen Kinder ausweiten.“
„Das Wechselmodell ist ein anspruchsvolles Modell“, sagt Erika Biehn, Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV). „Die Eltern müssen trotz Trennung kooperieren und sollten idealerweise in räumlicher Nähe wohnen. Im Einzelfall ist es eine gute Regelung, als gesetzlicher Standard ist das Wechselmodell allerdings nicht geeignet.“
Auch das Alter des Kindes ist bei der Wahl des geeigneten Betreuungsmodells zu berücksichtigen. Besonders für Kleinkinder bis drei Jahren ist ein paritätisches Wechselmodell mit Pendeln und Übernachtungen eher nicht zu empfehlen.
„Im Einzelfall kann das Wechselmodell durchaus im besten Interesse eines Kindes liegen. Das berechtigt uns aber nicht, daraus eine Regelvermutung abzuleiten. Bei anhaltenden Konflikten der Eltern kann häufiges Pendeln zwischen Mutter und Vater für das Kind eine große Belastung sein“, sagt Prof. Dr. Sabine Walper, Präsidentin der Deutschen Liga für das Kind und Forschungsdirektorin am Deutschen Jugendinstitut.
Die Verbände sind sich darin einig, dass folgende Faktoren zu einem Gelingen des Wechselmodells beitragen: Das Kind sollte gleichwertige positive Bindungen an beide Elternteile haben, über das Wechselmodell altersgerecht informiert sein und es selbst wünschen. Die Betreuungsregelungen sollten vor und nach der Trennung weitgehend ähnlich sein. Auch müssen sich die Eltern flexibel auf sich verändernde Bedürfnisse des Kindes einstellen und gut miteinander kommunizieren und kooperieren können. Entscheidend ist zudem, dass die Eltern in räumlicher Nähe zueinander leben und die finanziellen Mittel haben, um die Mehrkosten zu tragen.
Gemeinsame Erklärung vom 20.10.2017: