Erforderlichkeit einer Anlassbeurteilung in einem auf Regelbeurteilungen ausgerichteten Beurteilungssystem

Mitteilung: Bundesverwaltungsgericht

Der Dienstherr muss für einen Beamten, der seit der letzten Regelbeurteilung während eines erheblichen Zeitraums andere Aufgaben wahrgenommen hat, anlässlich eines Auswahlverfahrens um Beförderungsstellen nur dann eine Anlassbeurteilung erstellen, wenn der betreffende Dienstposten ausschließlich einem höherwertigen Statusamt zugeordnet ist. Selbst wenn ein solcher Fall vorliegt, begründet dies nicht die Notwendigkeit, für sämtliche Mitbewerber des Beamten ebenfalls eine Anlassbeurteilung zu erstellen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Die beiden Kläger sind Polizeivollzugsbeamte im Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen, zu Beginn des Rechtsstreits als Polizeikommissar/in (Besoldungsgruppe A 9). Im Vorfeld einer anstehenden Beförderungsrunde (für Planstellen der Besoldungsgruppe A 10) beantragten beide Kläger, für sie jeweils eine Anlassbeurteilung zu erstellen, weil sie nach dem Stichtag der letzten Regelbeurteilung nicht mehr im Wach- und Wechseldienst einer Kreispolizeibehörde, sondern beim Landesamt für die Polizeiausbildung als Lehrkräfte in der Aus- und Fortbildung eingesetzt waren. Der Antrag wurde abgelehnt. In der Beförderungsrunde wurden beide Kläger nicht berücksichtigt, weil sie auf einem Listenplatz lagen, der für eine Beförderung nicht in Betracht kam.

Das Verwaltungsgericht hat die Auswahlentscheidung als rechtmäßig erachtet, das Oberverwaltungsgericht dagegen hat sie beanstandet: Sie beruhe auf einem fehlerhaften Qualifikationsvergleich, weil die für die Kläger erstellten Regelbeurteilungen nicht mehr hinreichend aktuell gewesen seien. Die Kläger hätten mit ihrer Lehrtätigkeit nach dem Beurteilungsstichtag der letzten Regelbeurteilung während eines erheblichen Zeitraums grundlegend andere Aufgaben als bei der Kreispolizeibehörde wahrgenommen. Der Beklagte hätte außerdem aus Gründen der Chancengleichheit für alle Mitbewerber der Kläger neue Beurteilungen erstellen müssen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die beiden Berufungsurteile aufgehoben und damit die erstinstanzliche Abweisung der Klagen bestätigt. Es hat insbesondere auf Folgendes abgestellt:

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war die ursprüngliche Auswahlentscheidung nicht deshalb rechtswidrig, weil für die beiden Kläger zuvor im Hinblick auf ihre Lehrtätigkeit keine Anlassbeurteilungen erstellt worden waren. Ein Aktualisierungsbedarf bei dienstlichen Beurteilungen besteht nur dann, wenn der Beamte über einen längeren Zeitraum Aufgaben auf einem Dienstposten wahrnimmt, der ausschließlich einem höherwertigen Statusamt zugeordnet ist. Es ist dagegen nicht Aufgabe einer dienstlichen Beurteilung – auch nicht mit Blick auf eine Beförderungsentscheidung – jedwede Veränderung in dem einem Beamten zugewiesenen Tätigkeitsbereich kleinteilig zu erfassen und nachzuzeichnen.

Selbst wenn ein Aktualisierungsbedarf bei einem Beamten besteht, führt dies nicht dazu, dass deswegen auch für alle anderen Mitbewerber, bei denen keine relevante Änderung in der Aufgabenwahrnehmung gegeben ist, Anlassbeurteilungen erstellt werden müssen. Diese Beurteilungen bleiben aktuell, solange sie nicht älter als der Regelbeurteilungszeitraum sind.

BVerwG 2 C 1.18 – Urteil vom 09. Mai 2019

Vorinstanzen:

OVG Münster, 6 A 2335/14 – Urteil vom 01. Juni 2017 –

VG Gelsenkirchen, 1 K 2064/13 – Urteil vom 29. Oktober 2014 –

BVerwG 2 C 2.18 – Urteil vom 09. Mai 2019

Vorinstanzen:

OVG Münster, 6 A 2334/14 – Urteil vom 01. Juni 2017 –

VG Gelsenkirchen, 1 K 2063/13 – Urteil vom 20. Oktober 2014 –


PM Nr. 36/2019 v. 09.05.2019
Bundesverwaltungsgericht
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