Besser als ihr Ruf

Angehende Lehrer haben bessere soziale Kompetenzen als häufig vermutet

Mitteilung: Uni Münster

Angehende Lehrerinnen und Lehrer sind – so ein gängiges Vorurteil – nur bedingt für diesen Beruf geeignet, weil ihnen beispielsweise die notwendigen sozialen Kompetenzen fehlten. Das werde auch durch die Ausbildung an den Universitäten nicht aufgefangen, so dass Lehramtsstudierende in der Praxis heillos überfordert seien. Der münstersche Erziehungswissenschaftler Dr. Martin Rothland hat dieses Klischee nun widerlegt.

Dazu hat er knapp 1000 Lehramtsstudierende verschiedener Universitäten sowie Studierende der Rechtswissenschaft und der Medizin befragt. „Bisherige Studien bezogen sich nur auf Lehramtsstudierende. Die Frage, ob angehende Lehrkräfte gerade im Bereich der sozialen Kompetenzen typische Defizite aufweisen, lässt sich aber nur im Vergleich mit anderen Studierendengruppen beantworten“, erklärt Martin Rothland seinen Ansatz. „Soziale Kompetenz“ ist ein Konstrukt, das von Wissenschaftlern unterschiedlich definiert wird. Martin Rothland befragte die Studierenden zu ihrer Selbsteinschätzung in den Bereichen Kooperationsfähigkeit, soziale Verantwortung, Kommunikationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit und situationsgerechtes Auftreten.

Klares Ergebnis: Die künftigen Lehrer weisen hoch ausgeprägte soziale Fähig- und Fertigkeiten auf. Die behaupteten lehramtstypischen Defizite zeigen sich im Vergleich mit den angehenden Ärzten und Juristen nicht. Im Gegenteil: Die Lehramtsstudierenden weisen beispielsweise im Vergleich eine höhere Kooperationsfähigkeit auf. Schwächen und Weiterentwicklungsmöglichkeiten sehen insbesondere die Lehramtsstudentinnen vor allem in Bezug auf die Empfindlichkeit bei sozialer Frustration, gefolgt von der Entwicklung der Selbstbehauptung und Konfrontationskompetenz.

Bringen die Studierenden ihre Kompetenzen mit, oder erlernen sie sie erst während des Studiums? „Der Grad des wahrgenommenen Kompetenzzuwachses ist nicht besonders hoch, aber die Studierenden sehen durchaus, dass ihre sozialen und kommunikativen Fähigkeiten durch das Studium zunehmen“, sagt Martin Rothland. „Es stellt sich allerdings die Frage: Wird das systematisch vermittelt, oder ist die Weiterentwicklung sozialer Kompetenz eher ein Nebenprodukt der Arbeit in Seminaren oder der Kooperation in studentischen Arbeitsgruppen?“

Keine Frage ist es für den Erziehungswissenschaftler, dass es in der ersten Phase der Lehrerbildung noch Entwicklungsbedarf in puncto sozialer Kompetenz gibt. „Im Studium der Rechtswissenschaften sowie der Humanmedizin“, betont Martin Rothland, „erscheint dieser Entwicklungsbedarf allerdings wesentlich höher.“

Pressemitteilung v. 30.3.2012
Brigitte Nussbaum
Westfaelische Wilhelms-Universität Münster
Quelle: http://idw-online.de/pages/de/news470405