Kritik an Sexismus darf nicht zensiert werden

Mitteilung: freier zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) e.V.

Am 11.01.14 hat das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. mit einer einstweiligen Verfügung die Kritik an sexualisierter Gewalt zensiert. Nachdem es an der Goethe-Universität Frankfurt zu sexualisierten Übergriffen gegen Frauen kam, wurden in einer studentischen Zeitung der Goethe Universität kritische Artikel über sogenannte Pick-Up-Artists veröffentlicht. Weil die ursprünglichen Vorwürfe des Beschwerdeführeres gegen Identifikation und Verdachtsberichtserstattung vor dem Landesgericht nicht ausreichten, um in die Pressefreiheit einzugreifen, wurden die Rechte der demokratischen studentischen Selbstverwaltung im Speziellen durch das Oberlandesgericht beschnitten.

Marie Dücker, Vorstandsmitglied des fzs dazu: „Dieses Urteil ist auf mehreren Ebenen fatal. Statt sexualisierte Gewalt von Pick-up-Artists zu unterbinden, werden nun die Stimmen zum Schweigen gebracht, die versuchen, solche Übergriffe zu verhindern. So lange Sexisten und Gewalttäter einen deutschen Pass haben, ist ihr Verhalten aus der Sicht mancher Richter offensichtlich schützenswert.“

Mandy Gratz, ebenfalls Mitglied im Vorstand des fzs erläutert weiter:
„‚Pick-Up-Artists‘ sehen sich selbst als ‚Verführungskünstler‘. Dabei akzeptieren sie ein Nein nicht als Nein, sondern objektivieren die aktuelle Frau des Begehrens und wenden dabei manipulative Tricks an, um diese Frau als Trophäe zu erlangen. Dabei schrecken viele dieser ‚Verführer‘ nicht vor körperlicher oder psychischer Gewalt zurück, um den Willen von Frauen zu brechen. Die Techniken, mit denen Frauen zu willfährigen Objekten gemacht werden sollen, werden im Rahmen von Schulungsseminaren und gemeinsamen Partyexkursionen einstudiert. Das ist inzwischen für viele der ‚Artists‘, die schon mit ihrer Selbstbezeichnung bekennen, Wiederholungstäter zu sein, ein gewinnbringendes Geschäft geworden. Nun, da öffentliche Kritik laut wird, versucht die Szene den Ruf der ‚Aufreißerseminare‘ zu retten.“

Marie Dücker ergänzt: „Wo der gewünschte Eingriff in die Pressefreiheit zum Glück noch nicht vollständig gelingt, wird versucht, durch dieses Urteil die Rechte der studentischen Selbstverwaltung zu beschneiden. Somit wird der studentischen Selbstverwaltung und ihren Organen das Recht abgesprochen, mithilfe der Pressefreiheit geschützt zu werden. Die Thematisierung von sexualisierter Gewalt am Campus soll unterbunden werden, weil es sich um ein Phänomen handle, dass über diesen Lebensbereich hinausginge. Nun geht die Frankfurter Studierendenvertretung ins Klageverfahren. Wir halten es für ausgemacht, dass das Urteil letztlich wieder aufgehoben wird.“

Mandy Gratz schließt: „Warum nicht auch studentische Medien zur politischen Meinungs- und Willensbildung beitragen dürfen, erschließt sich nicht. Was für die Presse im allgemeinen gilt, muss auch für die studentische Presse gelten. Vor allem ist es schlicht falsch, gegen die Rechte der demokratischen studentischen Selbstverwaltung vorzugehen, wenn sie politische Analysen oder Meinungsäußerungen zulässt. Genau das sollte im Rahmen einer Demokratie möglich sein. Dabei muss es zulässig bleiben allgemeine gesellschaftliche Probleme zu untersuchen. Denn dieser Fall zeigt sehr eindrücklich, dass sexistische Gewalt innerhalb der Gesellschaft sich auch auf dem Campus widerspiegelt.“

Pressemitteilung v. 15.1.2016
des freien zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) e.V.
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