Unfallversicherungsschutz auch an einem „Probetag“

Mitteilung: Bundessozialgericht v. 16.8.2019

Steht ein Arbeitsuchender, der in einem Unternehmen einen „Probearbeitstag“ verrichtet und sich dabei verletzt, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung? Darüber wird der 2. Senat des Bundessozialgerichts am Dienstag, dem 20. August 2019 um 11 Uhr mündlich verhandeln und voraussichtlich entscheiden (Aktenzeichen B 2 U 1/18 R).

Der Kläger, der sich auf eine Stelle als Lkw-Fahrer bei einem Entsorger von Lebensmittelabfällen beworben hatte, vereinbarte im Vorstellungsgespräch mit dem Unternehmer, einen „Probearbeitstag“ zu absolvieren. Der Kläger sollte mit dem Lkw mitfahren und Abfälle einsammeln; eine Vergütung sollte er dafür nicht erhalten. Der Kläger stürzte an dem Probearbeitstag vom Lkw und zog sich unter anderem Verletzungen am Kopf zu. Der beklagte Unfallversicherungsträger lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, weil der Kläger nicht in den Betrieb eingegliedert gewesen sei. Sozialgericht und Landessozialgericht haben hingegen das Vorliegen eines versicherten Arbeitsunfalls festgestellt. Auch ohne Bestehen eines Arbeitsverhältnisses könne eine Beschäftigung vorliegen, wenn der Verletzte – wie im vorliegenden Fall durch das Mitfahren und Einsammeln von Abfällen – für ein fremdes Unternehmen tätig sei. Der Unternehmer habe ein Eigeninteresse an dem Probetag gehabt, weil zahlreiche Bewerber nach kurzer Mitarbeit wieder abgesprungen seien. Die Tätigkeit gehe auch über die in der Regel unversicherte bloße Arbeitsplatzsuche oder die Teilnahme an einem Vorstellungsgespräch hinaus.

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 2 Absatz 1 Nummer 1 SGB VII.

Hinweis auf Rechtsvorschriften

§ 2 SGB VII

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1. Beschäftigte,

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr 1 Versicherte tätig werden.


16.08.2019
Bundessozialgericht
www.bsg.bund.de



Mitteilung: Bundessozialgericht v. 20.8.2019

Ein Arbeitsuchender, der in einem Unternehmen einen „Probearbeitstag“ verrichtet und sich dabei verletzt, ist gesetzlich unfallversichert. Dies hat der 2. Senat des Bundessozialgerichts am Dienstag, dem 20. August 2019 entschieden (Aktenzeichen B 2 U 1/18 R).

Der Kläger hat zwar nicht als Beschäftigter unter Versicherungsschutz gestanden, als er an dem „Probearbeitstag“ Mülltonnen transportierte und dabei vom Lkw stürzte. Ein Beschäftigungsverhältnis lag nicht vor, weil der Kläger noch nicht auf Dauer in den Betrieb des Entsorgungsunternehmers eingegliedert war.

Da der Kläger aber eine dem Entsorgungsunternehmer dienende, dessen Willen entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht hat, die einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ähnlich ist, war der Kläger als „Wie-Beschäftigter“ gesetzlich unfallversichert. Insbesondere lag die Tätigkeit nicht nur im Eigeninteresse des Klägers, eine dauerhafte Beschäftigung zu erlangen. Denn der Probearbeitstag sollte gerade auch dem Unternehmer die Auswahl eines geeigneten Bewerbers ermöglichen und hatte damit für ihn einen objektiv wirtschaftlichen Wert.


20.8.2019
Bundessozialgericht
www.bsg.bund.de