Unfallversicherungsschutz auch an einem „Probetag“

Mitteilung: Bundessozialgericht v. 16.8.2019

Steht ein Arbeitsuchender, der in einem Unternehmen einen „Probearbeitstag“ verrichtet und sich dabei verletzt, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung? Darüber wird der 2. Senat des Bundessozialgerichts am Dienstag, dem 20. August 2019 um 11 Uhr mündlich verhandeln und voraussichtlich entscheiden (Aktenzeichen B 2 U 1/18 R). Weiterlesen

Gesetzliche Unfallversicherung: Auch Helfer sind geschützt

Gegen Unfall sind Personen versichert, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten.

Der Fall: Der vierzehnjährige Schüler hielt sich auf einem Spielplatz auf, an den ein umzäuntes Betriebsgelände grenzt. Ein sechsjähriges Mädchen war auf dem Betriebsgelände eingeschlossen und weinte anhaltend. Der Mutter gelang es nicht, ihre Tochter zur Rückkehr auf den Spielplatz anzuleiten. In Absprache mit der Mutter kletterte der Schüler über den Zaun und brachte das Kind zurück. Dabei blieb er mit dem rechten Mittelfinger hängen und verletzte sich. Der Finger musste schließlich amputiert werden. Der Schüler beantragte bei der zuständigen Unfallkasse, festzustellen, dass er einen Arbeitsunfall als Nothelfer erlitten habe. Die Unfallkasse lehnte ab: Er sei nicht als Nothelfer versichert gewesen, da für das Kind keine erhebliche und gegenwärtige Gefahr bestanden habe.

Das Bundessozialgericht: Der Schüler hat einen Arbeitsunfall erlitten; denn er hat bei einem Unglücksfall Hilfe geleistet . Ein solcher liegt nicht nur vor,wenn eine erhebliche Gefahr für Leib oder Leben einer anderen Person besteht. Es genügt, dass ein Schaden oder eine Gefahr für ein anderes wichtiges Individualrechtsgut droht bzw. besteht. Der Schüler hat das Mädchen aus einer Lage befreit, in der es nicht in der Lage gewesen ist, sich fortzubewegen. Alternativ zum Handeln des Schülers hätte die Polizei, die Feuerwehr oder eine ähnliche Organisation eingreifen müssen, was ebenfalls einen Unglücksfall nahelegt.

Bundessozialgericht, Urteil vom 15. Juni 2010 – B 2 U 12/09 R

Quelle: einblick – gewerkschaftlicher Info-Service (DGB) 15/10

Gesetzliche Unfallversicherung: Streit auf dem Heimweg ohne Schutz

Wer als Radfahrer auf dem Heimweg von der Arbeit einem Autofahrer den Weg versperrt, um ihn wegen eines vermeintlichen Verkehrsverstoßes zur Rede zu stellen, verliert den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Denn damit hat er seinen versicherten Heimweg von der Arbeit mehr als nur geringfügig unterbrochen und eigenwirtschaftliche Interessen verfolgt. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. September 2009 – S 5 U 298/08

aus: einblick – gewerkschaftlicher Info-Service 21/09

Kinder und Jugendliche ohne Schutz auf Reiterhof

horseriding.gifKinder und Jugendliche, die ihre Freizeit auf einem Reiterhof verbringen, stehen bei der Versorgung der Pferde und beim Stalldienst in der Regel nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, denn sie werden bei diesen Tätigkeiten nur in Ausnahmefällen wie ein Beschäftigter tätig. Sie wollen vielmehr in enger Beziehung zu Pferden gemeinsam mit anderen ihre Freizeit verbringen. Dabei wird der enge Kontakt mit den Tieren nicht nur beim Reiten hergestellt, sondern gerade auch bei deren Versorgung.
Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 13. Dezember 2007 L 1 U 56/06

aus: einblick 2/2009, gewerkschaftlicher Infoservice