Deutschland und der Türkeikrieg – Texte für den Unterricht

Das Nato-Land Türkei führt Krieg gegen die syrischen Kurden, die Bundesrepublik hat die Waffen geliefert – Teil 1

von Renate Dillmann

Seit einigen Tagen führt die Türkei Krieg gegen die Kurden in Nordsyrien. Dagegen gibt es viel Protest: kleinere Demonstrationen in vielen Städten, größere landes- und bundesweite Demonstrationen. Auch aus der offiziellen deutschen Politik gibt es durchaus kritische Stimmen gegen die Türkei. Bemerkenswert ist allerdings, wie diese Kritik aussieht.

Das fängt bei der Formulierung an, um was es sich überhaupt handelt: Lange hieß es nicht „Krieg“, sondern eher beschwichtigend „Militäreinsatz“ oder „militärische Operation“, wobei Kanzlerin Merkel sofort die „berechtigten Sicherheitsinteressen der Türkei“ anerkannte. Das hat sich inzwischen etwas geändert: Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat einen „völkerrechtswidrigen Krieg“ der Türkei ausgemacht. Es herrscht also durchaus Aufregung – allerdings weniger wegen der bereits eingetretenen und noch zu erwartenden Opfer. … weiter


Unterrichtsmaterial
Renate Dillmanns Text beschreibt nicht nur Hintergründe und Merkmale dieses Krieges. Die Autorin hat ihren Aufsatz auch für den Einsatz in der Schule aufbereitet.

Im Text sind drei „Arbeitsblätter“ samt schülergemäß formulierten Arbeitsaufträgen eingebaut. Die drei ABs befinden sich jeweils auf einer A4-Seite bzw. seitenübergreifend auf zwei DIN A4-Seiten.

Der gesamte Aufsatz kann außerdem z.B. in Gruppenarbeit im Unterricht bearbeitet werden und dient als Diskussionsgrundlage für die Situation in Nordsyrien. Das U-Material ist in erster Linie für den Unterricht in der Sek II vorgesehen.

Die politische Karte rechts kann angeklickt werden, um sie zu vergrößern und herunterzuladen (rechter Mausklick, Grafik speichern unter). Im Unterricht kann sie dann bei Bedarf beschriftet werden.


Bild von OpenClipart-Vectors auf Pixabay

Krieg in Nordsyrien

Krieg in Nordsyrien

Bundesaußenminister Heiko Maas versichert, dass die Türkei auch weiterhin deutsches Kriegsgerät geliefert bekommt

Ein Kommentar von Klaus Hecker

Nein, das stimmt doch gar nicht. Haben nicht gerade Deutschland und zwei weitere EU Staaten dekrediert, dass Waffenlieferungen an die Türkei gestoppt werden. Genau, das haben sie. Aber bitte genau lesen. Es heißt künftige Waffenlieferungen, aber doch nicht die bereits vertraglich vereinbarten, aber noch nicht gelieferten. Zudem heißt es, dass künftig nur solche Waffen nicht geliefert werden, welche in Syrien eingesetzt werden könnten. Ironisch gesprochen wird den Waffen hier Subjektcharakter angedichtet. Die ballern nicht einfach von selbst, wenn man draufdrückt, sondern haben einen inneren Kompass nichts auszuspucken, wenn sie ahnen, sich in Nordsyrien zu befinden. … weiter

 

Sanktionen gegen Syrien beenden

Mitteilung: IPPNW

Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW begrüßt die Forderungen der Bundestagsabgeordneten Sevim Dağdelen nach einer Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zu Syrien sowie einer Aufhebung der Sanktionen.

Kürzlich hatte die Arabische Liga angekündigt, Syrien wieder in ihrer Organisation aufzunehmen und syrische Botschaften zu öffnen. Ein diplomatischer Austausch könnte ein Beitrag sein für mehr politische Stabilität. Nach der Ankündigung eines US-Truppenabzugs und angesichts der angekündigten türkischen Intervention im Nordosten des Landes ist die Situation in Syrien noch unübersichtlicher und gefährlicher geworden. Die syrische Bevölkerung und ihre Institutionen sollten auf allen Ebenen in die weiteren Verhandlungen und diplomatischen Aktionen einbezogen werden. Ein nachhaltiger Frieden kann nicht allein von externen Akteuren erreicht werden.

Die Menschen in Syrien leiden seit knapp acht Jahren an einem verheerenden Krieg, der weite Teile des Landes zerstört hat. Über elf Millionen Menschen in Syrien haben keinen Zugang zu einer adäquaten Gesundheitsversorgung. Aufgrund von fehlendem Wasser und zerstörten Kanalisationssystemen gibt es Hygieneprobleme. Auch die schweren wirtschaftlichen Schäden des Landes durch den Krieg haben gravierende humanitäre Folgen: Ende 2015 lebten bereits über 85 Prozent der im Land verbliebenen Bevölkerung unter der Armutsgrenze und 69,3 Prozent sogar in extremer Armut.

Mit ihr ist chronischer Hunger in Syrien alltäglich, mit den dazugehörenden Folgeerkrankungen. Vor dem Krieg konnte sich Syrien selbst mit Nahrungsmitteln versorgen. Heute haben 6,5 Millionen Menschen in Syrien nur begrenzten Zugang zu Nahrungsmitteln, 4,3 Millionen Frauen und Kinder sind auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Die einst gut und weitgehend staatlich finanzierte Gesundheitsversorgung in Syrien leidet nicht nur unter dem Krieg, sondern auch unter den seit 2011 von der EU und den USA verhängten und ständig verschärften wirtschaftlichen Strafmaßnahmen. In einer Untersuchung der UN-Kommission für Wirtschaft und Soziales in Westasien über die „Humanitären Folgen der einseitigen wirtschaftlichen Strafmaßnahmen“ gegen Syrien werden die Sanktionen als die „kompliziertesten und weitreichendsten
Sanktionsmaßnahmen“ bezeichnet, „die jemals verhängt wurden“.

Jeder einzelne Syrer sei betroffen, Regierung und Nichtregierungsorganisationen würden in der Ausübung ihrer humanitären Verpflichtungen behindert. Der Bericht, der für die Veröffentlichung bestimmt war, wird als internes UN-Dokument zurückgehalten.

Der UN-Sicherheitsrat hat die Sanktionen gegen Syrien nie unterstützt. Die UN-Vollversammlung verurteilte die Sanktionen 2013 sogar explizit. In der Resolution A/RES/68/200 wird festgehalten, dass „einseitige wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen die Wirtschaft und die Entwicklungsanstrengungen insbesondere von Entwicklungsländern negativ beeinflussen.“ „Solche Maßnahmen“, fährt die Resolution fort, „stellen eine eklatante Verletzung der Prinzipien des Völkerrechts sowie der Grundprinzipien des multinationalen Handelssystems dar“. Auch der UN-Sonderermittler für die humanitären Folgen der Sanktionen gegen Syrien, Idriss Jazairy, kritisiert in seinem Bericht von September 2018, dass humanitäre Hilfe in Syrien aufgrund der Sanktionen erschwert werde.

Das Sanktionsregime verkompliziere, verlangsame oder verhindere den Handel mit wichtigen Gütern oder den Bezug von Finanzierungen. Die Sanktionen mit ihren negativen Konsequenzen für humanitäre Hilfe müssten beendet oder zumindest neu gefasst werden.

Weitere Informationen zu der humanitären Dimension des Krieges finden Sie in der Ende Dezember 2018 erschienenen Publikation „Der Syrienkrieg: Dimension – Hintergründe – Perspektiven“: 
https://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/Akzente_Syrien_web.pdf


PM v. 11.1.2019
Angelika Wilmen
Pressesprecherin der IPPNW
www.ippnw.de