Erziehung zur Demokratie

von Stefan Oehm

Ende November 2016 gab der derzeitige Vorsitzende des Kulturrats NRW, der ehemalige deutsche Innenminister Gerhart Baum, der Rheinischen Post ein Interview, das nachdenklich machte. Kultur zu fördern, so bedeutet er darin den kulturpolitisch Verantwortlichen Düsseldorfs, heiße nichts anderes, als „die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft“ zu sichern.

Stefan Oehm beschreibt in seinem neuen Aufsatz „Kunst als lebenslanges Bildungsprogramm“. Kunst ist „das Herz der Demokratie. Freiheit und Autonomie: Das ist das, was die Kunst demjenigen mit auf den Weg gibt, der sich mit ihr auseinandersetzt.“

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Unübliche Gedanken zur Kunst

von Stefan Oehm

„Was wollt ihr denn noch von der Kunst?“ Niklas Maak stellt Kulturschaffenden wie Kunstinteressierten in einem bemerkenswerten Artikel in der F.A.S. die Sinnfrage angesichts einer Kunst, die zunehmend mehr in die Fänge einer globalen Ökonomisierung gerät. Einer Kunst, die allerdings an dieser Entwicklung nicht ganz unschuldig ist, begibt sie sich doch bisweilen freiwillig dort hinein und beraubt sich, derart kommerziell gleichgeschaltet, weitgehend selbst der ihr innewohnenden Kritikfähigkeit.

Aber wovon spricht man überhaupt, wenn man von ‚der Kunst’ spricht? … weiter


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 Weitere Aufsätze von Stefan Oehm im Magazin Auswege

 

Was bedeutet Teilhabe für die Kunst?

von Stefan Oehm

… Gerade vor dem Hintergrund der Bedeutung von Kunst und Kultur als konstituierende und stabilisierende Kraft für eine offene, zivilisierte Gesellschaft, bekommt der erweiterte Gebrauch des Wortes Teilhabe eine Bedeutung, deren Dimension sich einem erst nach und nach eröffnet: Teilhabe bedeutet da nicht mehr passiver Konsum, sondern aktive Auseinandersetzung mit dem Werk – KünstlerInnen zwingen den Einzelnen durch ihre inspirierende Nötigung zur spontanen, selbstverantworteten Stellungnahme.

Somit wären es nicht Kunst und Kultur, die „Werte jenseits der Maßstäbe ökonomischer Verwertbarkeit“ schaffen – dank ihrer inspirierenden Kraft schaffen Kunst und Kultur diese Werte durch und mit uns: In einem steten Prozess der Rezeption und Inspiration konstituieren sich alle Beteiligten mit ‚unsichtbarer Hand’ (Adam Smith) gemeinsam ihre gemeinsamen kulturellen Werte, ihre gemeinsame Geschichte und Identität. Diese stellen sich somit, von niemandem beabsichtigt, als kollektives Resultat der individuellen Beiträge dar. … weiter


 

Weitere Texte von Stefan Oehm im Magazin Auswege

 

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Die Mühsal der Eigenverantwortung

von Stefan Oehm

Im August 1975 kam es in Erfurt zu gewalttätigen Übergriffen auf algerische Vertragsarbeiter. Ein fremdenfeindlicher Vorfall, der von der Führung der DDR ebenso unter den Tisch gekehrt wurde wie der Mord an zwei Kubanern in Merseburg 1979 und all die anderen Taten, die sich dort in den 70er und 80er Jahren ereigneten. Es konnte ja nicht sein, was nicht sein durfte. Schließlich baute man in internationaler Solidarität gemeinsam am großen proletarischen Projekt „Sozialismus“. Und da hatte man längst jene völkisch-atavistischen Denk- und Verhaltensstrukturen überwunden, die dem kapitalistischen Bruder im Westen noch zu eigen waren.

Denkste. Wo keine selbstkritische Aufarbeitung stattfindet, kann auch nichts überwunden werden. Das Gegenteil war der Fall: Diese Denk- und Verhaltensstrukturen überlebten und manifestierten sich in weiten Teilen der Bevölkerung unterhalb der Wahrnehmungsgrenze. … weiter

 

Weitere Texte von Stefan Oehm im Magazin Auswege

 

Die produktive Kraft der Kultur

von Stefan Oehm

graffiti-by_qimono_pixabay_cc0In Düsseldorf kämpft gerade ein Ballettchef um sein Ballett. Ein Theaterintendant um sein Theater. Das Opernhaus um die Oper. Und die Museumsleiter um den Bestand der städtischen Museumslandschaft.

Völlig legitim – und doch befremdlich. Denn man wird das Gefühl nicht los, dass hier ein jeder angesichts klammer öffentlicher Kassen wie das Karnickel auf die Schlange starrt und versucht, seinen eigenen Beritt gegen finanzielle Begehrlichkeiten seitens der Stadt zu schützen.

Dabei, so scheint es, realisieren die Verantwortlichen nicht recht, dass es gar nicht so sehr um ihre Partikularinteressen, sondern um das Kulturschaffen als solches geht: um dessen gesellschaftliche Legitimierung. … weiter


©Foto: „graffiti“ by qimono, pixabay.com, Lizenz: CC0

Die funktionale Gesellschaft

von Stefan Oehm

person-by_geralt_pixabay_cc0Dieser Tage geschieht in Düsseldorf Befremdliches. Da versucht der Oberbürgermeister in einem kommunalpolitischen Handstreich die gewachsene städtische Kulturlandlandschaft grundlegend zu ändern. Unter seiner Ägide soll es eine völlige Neuordnung der Museumslandschaft geben, die Neubesetzung der Position des scheidenden Chefs des Museum Kunstpalast, Beat Wismer, wird zum Anlass genommen, ein Spardiktat der radikalen Art zu diskutieren: Eine Generalintendanz, die alle wesentlichen Düsseldorfer Museum und Zentren der Kunstvermittlung wie Kunstpalast, Kunsthalle und „Kunst im Tunnel“ zusammenführt.

Dieses Planspiel eröffnet die Option einer verschlankten Verwaltung sprich Einsparung von Personal sprich Kostenreduktion: Wirtschaftsberater sind im Auftrage der Stadt unterwegs, um im Rahmen des Programms „Verwaltung 2020“ Einsparpotenziale zu eruieren. Bis zu einem Fünftel aller Stellen bei der Stadt sollen eingespart werden, Museen und Kulturamt müssen zukünftig mit beträchtlich weniger Mitteln und Mitarbeiter auskommen. …

Doch um Düsseldorf geht es hier nur vordergründig, die Stadt steht lediglich stellvertretend für eine immer weiter um sich greifende, immer machtvoller werdende Tendenz. …

Das pekuniäre Damoklesschwert, das über den Museen, über den Theatern und der freien Kulturszene schwebt, ist eines, das über uns allen schwebt. Insbesondere über denen, die die Kultur als eine zivilisatorische begreifen: Es ist eine unheilige disruptive Kraft, die im Primat der Logik der Ökonomisierung steckt und alles in ihrem Sinne überformt…. weiter

Identitäre auf dem Vormarsch

Ein Kommentar von Stefan Oehm

Neue Rechte Die fadenscheinige Fassade des Ethnopluralismus: Schön weichgespült tritt hier unter dem Deckmantel der Homogenität auf, was de facto schiere Fremdenfeindlichkeit ist.

AfD-Chefin Frauke Petry hat, wie viele andere Vertreter der Neuen Rechten auch, ein recht klar strukturiertes Weltbild: Im Einklang mit dem Ethnopluralismus der Identitären Bewegung plädiert sie für eine ethnische und kulturelle Homogenität der Völker, die rein ist von fremdvölkischen Einflüssen.

Randnotizen.gif  Verständlich, dass sie deshalb den Begriff „völkisch“, völlig ungeachtet seiner historischen Konnotation, positiv besetzen möchte. Eine Absicht, die sie eben erst in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ zum Ausdruck gebracht hat. Nur konsequent, wenn sie in diesem Zusammenhang betont, dass für sie die Aussage „’völkisch’ ist rassistisch“ eine „unzulässige Verkürzung“ darstellt.

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Tatbestand Genozidleugnung

von Stefan Oehm

concentration-camp-by_finlaybuchanan_pixabay_cc0Rafal Lemkin ist heute kaum jemandem mehr ein Begriff, bestenfalls Völkerrechtler erinnern sich noch an den 1900 im Nirgendwo des heutigen Weißrussland geborenen polnisch-jüdische Juristen. Dabei war er es, der unser Bewusstsein für die wohl größte nur denkbare menschliche Ungeheuerlichkeit schärfte. Und sie bei ihrem Namen nannte: Genozid. Völkermord. … weiter

©Foto: finlaybuchanan, pixabay, Lizenz: CC0

Autoritätsgebundenheit als konstitutives Moment der Waldorfpädagogik

von Stefan Oehm

Haltet die Kinder bis zum 12. Lebensjahr von Computern fern! Eine solche Schlagzeile klingt im Zeitalter der vierten industriellen Revolution und digitalen Transformation unserer Gesellschaft ein wenig anachronistisch. Schrullig vielleicht. Weltfremd. Naiv. Aber mehr auch nicht. Könnte man meinen.

Formuliert hat diese Aufforderung kürzlich einer der exponierten Vertreter der Waldorf-Pädagogik, Henning Kullak-Ublick. Immerhin: Vorstand des Bund der freien Waldorfschulen, der Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners und der Internationalen Konferenz der Waldorfpädagogischen Bewegung, Gründungsmitglied der Grünen sowie von „Mehr Demokratie“. … weiter

Die ewige Wiederkehr des Gleichen

von Stefan Oehm

Was ist faul im Staate Deutschland? Da wird derzeit ein ums andere Mal der Untergang des ach so christlichen Abendlandes beschworen, Bürgerwehren durchkämmen des Nachts die Städte auf der Suche nach marodierenden Banden levantinischer Gestalten, in Blogs berichten, „unzensiert“, digitale ‚Treppenterrier’ über „Deutschlands tägliche ‚Einzelfälle’ und weitere ‚Kulturelle Bereicherungen’ “.

Und der Herr Jedermann fühlt sich bemüßigt, sein unsägliches „Man wird doch noch mal sagen dürfen“ dazu zu raunen. … weiter

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